Werkstoffe aus Platin-Metallen
Zur Platingruppe zählen die Elemente Pt, Pd, Rh, Ru, Ir und Os (Table 1). Für Anwendungen in der Kontakttechnik haben Platin und Palladium als Legierungsgrundmetalle sowie Ruthenium und Iridium als Legierungsbestandteile praktische Bedeutung. Pt und Pd sind zwar ähnlich korrosionsbeständig wie Au, neigen aber aufgrund ihrer katalytischen Eigenschaften dazu, an der Kontaktoberfläche adsorbierte organische Dämpfe zu polymerisieren. Bei Reibbeanspruchung der Kontaktpartner entsteht dabei als Polymerisationsprodukt das sog. brown powder, das zu einer starken Erhöhung des Kontaktwiderstandes führen kann. Daher werden Pt und Pd nicht rein, sondern ausschließlich in Legierungsform für Kontaktzwecke eingesetzt.
Elemente | Eigenschaften | Verarbeitung | Anwendungsformen |
---|---|---|---|
Ru Ruthenium |
Mattgrau bis silberweiß, sehr hart und spröde, gegen Säuren bei Anwesenheit von Sauerstoff beständig, oxidiert bei Erhitzen an Luft |
Aufdampfen, Sputtern, pulvermetallurgisch, Warmverformen nur bei 1200-1500°C möglich |
Pulver, in Blechen und Beschichtungen, in Drähten meist nur als Legierungsbestandteil |
Rh Rhodium |
Nahezu silberweiß, sehr hart und spröde, in Säuren unlöslich, oxidiert an Luft bei Rotglut |
Galvanisch, Aufdampfen, Sputtern, nach Warmverformung bei 800-1000°C, Kaltverformen möglich |
Beschichtungen (galvanische Überzüge), Legierungsbestandteil, in geringem Umfang als Bleche und Drähte |
Pd Palladium |
Mattweiß, duktil, gegen die meisten Säuren beständig, oxidiert bei Rotglut | Galvanisch, Aufdampfen, Sputtern, Kaltverformen |
Bleche, Bänder, Rohre, Drähte, Niete und Beschichtungen |
Os Osmium |
Bläulichweiß, härtestes Platinmetall, sehr spröde, gegen nichtoxidierende Säuren beständig, an Luft leicht oxidierbar |
Pulvermetallurgisch | Pulver, Legierungsbestandteil |
Ir Iridium |
Nahezu silberweiß, sehr hart und spröde, säurebeständig, oxidiert bei Rotglut |
Aufdampfen, Sputtern, pulvermetallurgisch, bei 1200-1500°C Warmverformen möglich |
Pulver, Legierungsbestandteil, in geringem, Umfang als Blech |
Pt Platin |
Grauweiß, duktil, säurebeständig außer gegen Königswasser, HBr und HJ, oxidationsbeständig bei Rotglut |
Galvanisch, Aufdampfen, Sputtern, Kaltverformen |
Bleche, Bänder, Rohre, Drähte, Niete und Beschichtungen |
Rhodium kommt als massiver Kontaktwerkstoff nicht zum Einsatz, wird jedoch
als galvanisch aufgebrachte Schicht z.B. in Gleitkontaktsystemen verwendet.
Ruthenium dient hauptsächlich als Legierungskomponente in PdRu15. Die
Metalle Osmium und Iridium finden keine praktische Anwendung in der
Kontakttechnik.
Da Pd lange Zeit sehr preisstabil war, galt es als geeignete Alternative zu dem teuren Gold. Zwischenzeitlich hatte der Palladiumpreis ein Niveau erreicht, das über dem des Goldes lag, so dass der Einsatz von Pd für Kontaktzwecke stark rückläufig war. Heute (2011) liegt der Palladiumpreis bei ca. 50% des Goldpreises.
Die Legierungen des Pt mit Ru, Ir, Ni und W wurden vor allem in elektromechanischen Bauelementen der Fernmeldetechnik und in hochwertigen Zündunterbrechern verbreitet eingesetzt (Table 2).
Heute werden diese Werkstoffe aus Preisgründen nur noch selten verwendet. Pd-Legierungen haben dagegen wesentlich größere Bedeutung. So ist z.B. PdCu15 für Blinkgeber im Kfz weit verbreitet. PdAg-Legierungen werden aufgrund ihrer Beständigkeit gegenüber Sulfidbildung in der Relaistechnik häufig eingesetzt. Thermisch aushärtbare Mehrkomponentenlegierungen z.B. auf PdAgAuPt-Basis kommen aufgrund ihrer herausragenden mechanischen Eigenschaften in Gleitkontaktsystemen zur Anwendung. Pd44Ag38Cu15 PtAuZn gilt dabei als Standardlegierung dieser Werkstoffgruppe (Table 3 und Table 4).
Platin- und Palladium-Legierungen kommen ähnlich wie Gold-Legierungen üblicherweise als geschweißte Draht- und Profilabschnitte, seltener als Kontaktniete zum Einsatz. Aufgrund der sehr hohen Edelmetallpreise werden solche Verbindungsverfahren verwendet, bei denen ein sparsamer Edelmetalleinsatz gewährleistet ist. Platin- und Palladium-Werkstoffe werden wegen ihrer Beständigkeit gegenüber Materialwanderung in Gleichstromkreisen und ihrer verglichen mit Gold-Legierungen höheren Abbrandfestigkeit in Relais und Schaltern bei mittlerer elektrischer Belastung bis etwa 30 Watt eingesetzt (Table 5). Mehrkomponentenlegierungen auf Pd-Basis finden wegen ihrer hohen mechanischen Verschleißfestigkeit verbreitet Anwendung als Schleiffedern in Gleitkontaktsystemen und Gleichstrom-Kleinstmotoren.
Werkstoff | Zugfestigkeit [MPa] | Dehnung A [%] | Vickershärte HV 1 | |||
---|---|---|---|---|---|---|
weich | 70% verformt | weich | 70% verformt | weich | 70% verformt | |
Pt (99,95) | 150 | 360 | 40 | 3 | 40 | 120 |
PtIr5 | 260 | 550 | 25 | 2 | 85 | 160 |
PtIr10 | 340 | 570 | 24 | 2 | 105 | 210 |
PtRu10 | 650 | 1000 | 24 | 2 | 195 | 320 |
PtNi8 | 640 | 950 | 22 | 2 | 200 | 320 |
PtW5 | 530 | 860 | 21 | 2 | 150 | 270 |
Pd (99,95) | 200 | 420 | 42 | 2 | 40 | 90 |
PdCu15 | 400 | 780 | 38 | 2 | 90 | 220 |
PdCu40 | 550 | 950 | 35 | 2 | 120 | 260 |
PdNi5 | 340 | 700 | 25 | 2 | 95 | 200 |
Pd35AuAgPt | 420* | |||||
Pd44Ag38Cu15 PtAuZn | 405* | |||||
Pd40Co40W20 | 680* |
- maximal erreichbare Härte
Table 4: Kontakt- und Schalteigenschaften von Platin-Metallen und deren Legierungen
Werkstoff | Eigenschaften | ||
---|---|---|---|
Pt | Sehr hohe Korrosionsbeständigkeit | ||
PtIr5 - 10 | Sehr hohe Korrosionsbeständigkeit, niedriger Kontaktwiderstand | hohe Abbrandfestigkeit, niedriger Kontaktwiderstand hohe Härte | |
PtRu10 | Sehr hohe Korrosionsbeständigkeit, geringe Schweißneigung | niedriger Kontaktwiderstand, sehr hohe Härte | |
PtNi8 | Geringe Neigung zu Materialwanderung | sehr hohe Härte | |
PtW5 | Geringe Neigung zu Materialwanderung | hohe Härte | |
Pd | Starke Neigung zu „brown powder“- Bildung | weniger abbrandfest als Pt | |
PdCu15 PdCu40 | Neigung zu „brown powder“- Bildung | weitgehend beständig gegenüber Materialwanderung, hohe Härte | |
PdNi5 | Starke Neigung zu „brown powder“- Bildung | geringe Schweißneigung | |
Pd44Ag38Cu15 PtAuZn | Hohe mechanische Verschleißfestigkeit | Standardwerkstoff für Schleifkontakte |
Table 5: Anwendungsbeispiele und Lieferformen von Platin-Metallen und deren Legierungen
Werkstoff | Anwendungsbeispiele | Lieferformen |
---|---|---|
Pt (99,95) | Relais | Kontaktniete, geschweißte Kontaktteile |
PtIr5 PtIr10 PtRu10 PtNi8 PtW5 | Relais, Gleitkontaktsysteme, Zündunterbrecher für Kfz | Kontakthalbzeuge: Drähte, rollennahtgeschweißte Profile Kontaktteile: Plättchen, Drahtformteile, massive Kontaktniete, Bimetallniete, geschweißte Kontaktteile |
Pd (99,95) PdNi5 | Relais | Miniprofile, Kontaktniete, geschweißte Kontaktteile |
PdCu15 PdCu40 | Blinkrelais für Kfz | Miniprofile, Bimetallniete |
Pd35AuAgPt Pd44Ag38Cu15 PtAuZn Pd40Co40W20 | Potentiometer, Schleifringübertrager, DC-Kleinstmotoren | Drahtformteile, geschweißte Drahtabschnitte, Vieldrahtschleifer |
Figure 1 Einfluss von 1-20 Atom-% verschiedener Zusatzmetalle auf den spez. elektrischen Widerstand p von Platin (Degussa)
Figure 2 Einfluss von 1-22 Atom-% verschiedener Zusatzmetalle auf den spezifischen elektrischen Widerstand p von Palladium (Degussa)
Figure 3 Zustandsdiagramm von Platin-Iridium
Figure 4 Zustandsdiagramm von Platin-Nickel
Figure 5 Zustandsdiagramm von Platin-Wolfram
Figure 6 Zustandsdiagramm von Palladium-Kupfer
Figure 7 Verfestigungsverhalten von Pt durch Kaltumformung
Figure 8 Erweichungsverhalten von Pt nach 0,5h Glühdauer und einer Kaltumformung von 80%
Figure 9 Verfestigungsverhalten von PtIr5 durch Kaltumformung
Figure 10 Erweichungsverhalten von PtIr5 nach 1h Glühdauer mit unterschiedlicher Kaltumformung
Figure 11 Verfestigungsverhalten von PtNi8 durch Kaltumformung
Figure 12 Erweichungsverhalten von PtNi8 nach 1h Glühdauer und einer Kaltumformung von 80%
Figure 13 Verfestigungsverhalten von PtW5 durch Kaltumformung
Figure 14 Erweichungsverhalten von PtW5 nach 1h Glühdauer und einer Kaltumformung von 80%
Figure 15 Verfestigungsverhalten von Pd 99,99 durch Kaltumformung
Figure 16 Verfestigungsverhalten von PdCu15 durch Kaltumformung
Figure 17 Erweichungsverhalten von PdCu15 nach 0,5h Glühdauer und einer Kaltumformung von 80%
Figure 18 Verfestigungsverhalten von PdCu40 durch Kaltumformung
Figure 19 Erweichungsverhalten von PdCu40 nach 0,5h Glühdauer und einer Kaltumformung von 80%
Figure 20 Spez. elektrischer Widerstand p von PdCu-Legierungen ohne und mit einer Glühbehandlung zur Ausbildung einer geordneten Phase