Werkstoffe auf Silber-Basis
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Feinsilber
Feinsilber weist die höchste elektrische und thermische Leitfähigkeit aller Metalle auf. Es ist resistent gegen Oxidbildung. Nachteilig wirken sich die geringe Verschleißfestigkeit, niedrige Entfestigungstemperatur und vor allem die hohe Affinität des Silbers gegen Schwefel und Schwefel-Verbindungen aus. Durch Einwirkung schwefelhaltiger Verbindungen bilden sich bräunliche bis schwarze Deckschichten aus Silbersulfid, die zu einer Erhöhung des Kontaktwiderstandes und u.U. zum völligen Versagen des Schaltgerätes führen können, wenn diese nicht mechanisch, elektrisch oder thermisch zerstört werden. Weiterhin ist nachteilig zu bewerten, dass Kontaktstücke aus Feinsilber beim Einschalten von Überströmen stark zum Verschweißen neigen sowie bei Gleichstrombetrieb nur eine geringe Resistenz gegenüber Materialwanderung aufweisen. Silber kann in feuchter Atmosphäre in Berührung mit Kunststoffen unter Wirkung eines elektrischen Feldes kriechen (Silber-Migration) und dadurch Kurzschlüsse verursachen.
Einen Überblick über die gebräuchlichen Silber-Qualitäten gibt (Table 1). Silber in Pulverform dient vor allem als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Silber- Verbundwerkstoffen. Je nach Herstellung werden Silber-Pulver mit unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen gewonnen (Table 2). Weitere Angaben zu den verschiedenen Silber-Pulvern sind in Kap. Edelmetallpulver und -präparate enthalten.
Silber ist in Form von Halbzeugen gut warm- und kaltumformbar und lässt sich problemlos mit den üblichen Trägerwerkstoffen durch Plattieren verbinden (Figure 1 und Figure 2). Als Fügeverfahren kommen vor allem das Widerstandsschweißen von Silber- Drähten und -Profilen sowie das Hartlöten zum Einsatz. Daneben werden vielfach auch mechanische Verfahren, wie das Einpressen von Drahtabschnitten und massiven oder plattierten Kontaktnieten angewandt.
Kontakte aus Feinsilber werden in unterschiedlichen Formen z.B. in Relais, Tastern, Geräte- und Hilfsstromschaltern bei Stromstärken < 2A eingesetzt (Table 6). Als galvanischer Überzug findet Silber zur Verringerung des Kontaktwiderstandes und zur Verbesserung der Lötbarkeit von Kontaktteilen verbreitet Anwendung.
Bezeichnung | Zusammensetzung Ag (Mindestanteil) | Beimengungen [ppm] | Hinweise für die Verwendung |
---|---|---|---|
Spektralreines Silber | 99.999 | Cu < 3 Zn < 1 Si < 1 Ca < 2 Fe < 1 Mg < 1 Cd < 1 | Bleche, Bänder, Stangen, Drähte für elektronische Bauelemente |
Hochreines Silber, sauerstofffrei | 99.995 | Cu < 30 Zn < 2 Si < 5 Ca < 10 Fe < 3 Mg < 5 Cd < 3 | Barren und Granalien für Legierungszwecke |
Verunreinigungen | Ag-Chem.* | Ag-ES** | Ag-V*** | |
---|---|---|---|---|
Cu | ppm | < 100 | < 300 | < 300 |
Fe | ppm | < 50 | < 100 | < 100 |
Ni | ppm | < 50 | < 50 | < 50 |
Cd | ppm | < 50 | ||
Zn | ppm | < 10 | ||
Na + K + Mg + Ca | ppm | < 80 | < 50 | < 50 |
Ag CI | ppm | < 500 | < 500 | < 500 |
NO3 | ppm | < 40 | < 40 | |
Nh4CI | ppm | < 30 | < 30 | |
Partikelverteilung (Siebanalyse) | ||||
> 100 μm | % | 0 | 0 | 0 |
< 100 bis > 63 μm | % | < 5 | < 5 | < 15 |
< 36 μm | % | < 80 | < 90 | < 75 |
Schüttdichte | g/cm3 | 1.0 - 1.6 | 1.0 - 1.5 | 3 - 4 |
Stampfvolumen | ml/100g | 40 - 50 | 40 - 50 | 15 - 25 |
Press-/Sinterverhalten | ||||
Pressdichte | g/cm3 | 5.6 - 6.5 | 5.6 - 6.3 | 6.5 - 8.5 |
Sinterdichte | g/cm3 | > 9 | > 9.3 | > 8 |
Volumenschrumpfung | % | > 34 | > 35 | > 0 |
Glühverlust | % | < 2 | < 0.1 | < 0.1 |
* hergestellt durch chemische Fällung
** hergestellt durch Elektrolyse
*** hergestellt durch Verdüsen einer Schmelze
Silber-Legierungen
Auf dem Schmelzwege hergestellte Silber-Legierungen finden in solchen Fällen Anwendung, in denen die physikalischen und kontaktspezifischen Eigenschaften von Feinsilber nicht ausreichen (Table 3). Durch die metallische Zusatzkomponente werden sowohl die mechanische Eigenschaften wie Härte und Festigkeit als auch typische Kontakteigenschaften wie Abbrandfestigkeit und Resistenz gegenüber Materialwanderung in Gleichstromkreisen erhöht (Table 4). Allerdings können durch Legierungsbildung andere Eigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit und chemische Beständigkeit verschlechtert werden (Figure 3 und Figure 4).
Werkstoff |
Silber-Anteil [wt%] |
Dichte [g/cm3] |
Schmelzpunkt bzw.-intervall [°C] |
Spez. elektr.
Widerstand |
Elektrische
Leitfähigkeit |
Wärmeleitfähigkeit [W/mK] |
Temp. Koeff.d.el.
Widerstandes |
E-Modul [GPa] |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ag | 99.95 | 10.5 | 961 | 1.67 | 60 | 419 | 4.1 | 80 |
AgNi 0,15 |
99.85 | 10.5 | 960 | 1.72 | 58 | 414 | 4.0 | 82 |
AgCu3 | 97 | 10.4 | 900 - 938 | 1.92 | 52 | 385 | 3.2 | 85 |
AgCu5 | 95 | 10.4 | 910 | 1.96 | 51 | 380 | 3.0 | 85 |
AgCu10 | 90 | 10.3 | 870 | 2.0 | 50 | 335 | 2.8 | 85 |
AgCu28 | 72 | 10.0 | 779 | 2.08 | 48 | 325 | 2.7 | 92 |
Ag98CuNi ARGODUR 27 |
98 | 10.4 | 940 | 1.92 | 52 | 385 | 3.5 | 85 |
AgCu24,5Ni0,5 | 75 | 10.0 | 805 | 2.20 | 45 | 330 | 2.7 | 92 |
Ag99,5NiMg ARGODUR 32 unvergütet |
99.5 | 10.5 | 960 | 2.32 | 43 | 293 | 2.3 | 80 |
ARGODUR 32 vergütet |
99.5 | 10.5 | 960 | 2.32 | 43 | 293 | 2.1 | 80 |
Werkstoff | Festigkeitszustand | Zugfestigkeit Rm [MPa] | Dehnung A [%] min. | Vickershärte HV 10 |
---|---|---|---|---|
Ag | R 200 R 250 R 300 R 360 | 200 - 250 250 - 300 300 - 360 > 360 | 30 8 3 2 | 30 60 80 90 |
AgNi 0,15 | R 220 R 270 R 320 R 360 | 220 - 270 270 - 320 320 - 360 > 360 | 25 6 2 1 | 40 70 85 100 |
AgCu3 | R 250 R 330 R 400 R 470 | 250 - 330 330 - 400 400 - 470 > 470 | 25 4 2 1 | 45 90 115 120 |
AgCu5 | R 270 R 350 R 460 R 550 | 270 - 350 350 - 460 460 - 550 > 550 | 20 4 2 1 | 55 90 115 135 |
AgCu10 | R 280 R 370 R 470 R 570 | 280 - 370 370 - 470 470 - 570 > 570 | 15 3 2 1 | 60 95 130 150 |
AgCu28 | R 300 R 380 R 500 R 650 | 300 - 380 380 - 500 500 - 650 > 650 | 10 3 2 1 | 90 120 140 160 |
Ag98CuNi ARGODUR 27 | R 250 R 310 R 400 R 450 | 250 - 310 310 - 400 400 - 450 > 450 | 20 5 2 1 | 50 85 110 120 |
AgCu24,5Ni0,5 | R 300 R 600 | 300 - 380 > 600 | 10 1 | 105 180 |
Ag99,5NiMg ARGODUR 32 Not heat treated | R 220 R 260 R 310 R 360 | 220 260 310 360 | 25 5 2 1 | 40 70 85 100 |
ARGODUR 32 Heat treated | R 400 | 400 | 2 | 130-170 |
Feinkornsilber
Unter Feinkornsilber (ARGODUR-Spezial) versteht man eine Silberlegierung mit einem Zusatz von 0,15 Massen-% Nickel. Silber und Nickel sind im festen Zustand ineinander völlig unlöslich. Im flüssigen Silber lässt sich nur ein geringer Nickelanteil lösen, wie aus dem entsprechenden Zustandsdiagramm hervorgeht (Figure 7). Durch diesen Nickelzusatz, der sich beim Abkühlen der Schmelze feindispers in der Silbermatrix ausscheidet, gelingt es, die Neigung des Silbers zu ausgeprägter Grobkornbildung nach längerer Wärmeeinwirkung zu unterbinden (Figure 5 und Figure 6).
Feinkornsilber zeichnet sich durch eine ähnlich hohe chemische Beständigkeit wie Feinsilber aus. Gegenüber Silber weist es eine etwas höhere Härte und Festigkeit auf (Table 4). Die elektrische Leitfähigkeit wird durch den geringen Nickelzusatz nur geringfügig verschlechtert. Aufgrund seiner teilweise deutlich günstigeren Kontakteigenschaften hat bei schaltenden Kontakten Feinkornsilber das Feinsilber in vielen Anwendungsfällen abgelöst.
Hartsilber-Legierungen
Durch Kupfer als Legierungspartner werden die Festigkeitseigenschaften des Silbers deutlich erhöht (Figure 9, Figure 10 und Figure 11). Die größte Bedeutung unter den binären AgCu-Legierungen hat der unter dem Namen Hartsilber bekannte Werkstoff AgCu3 erlangt, der sich hinsichtlich chemischer Resistenz noch ähnlich verhält wie Feinsilber. Verglichen mit Feinsilber und Feinkornsilber weist AgCu3 eine höhere Härte und Festigkeit sowie höhere Abbrandfestigkeit und mechanische Verschleißfestigkeit auf.
Mit steigendem Kupferanteil nehmen einerseits Härte und Festigkeit der AgCu-
Legierung zu, andererseits wird die Neigung zur Oxidbildung erhöht, was im
Schaltbetrieb unter Lichtbogenbildung zu einem Anwachsen des Kontaktwiderstandes
mit zunehmender Schaltspielzahl führt. Weiterhin wirken sich höhere
Kupferanteile vorteilhaft auf Abbrand und Materialwanderung aus. In Sonderfällen,
in denen optimale mechanische Eigenschaften erwünscht sind und
gleichzeitig eine verminderte chemische Beständigkeit zugelassen werden kann, findet die eutektische Silber-Kupfer-Legierung (28 Massen-% Cu)
Anwendung (Figure 8). AgCu10, auch als Münzsilber bezeichnet, wurde in vielen
Anwendungen durch andere Silber-Legierungen ersetzt, während Sterlingsilber
(AgCu7,5) seine Bedeutung bei Tafelgeschirr und Schmuck nie auf industrielle
Anwendungen für elektrische Kontakte ausweiten konnte.
Neben den binären AgCu-Legierungen kommen auch ternäre AgCuNi- Legierungen zum Einsatz. Von dieser Werkstoffgruppe hat ARGODUR 27, eine Legierung mit 98 Massen-% Ag und Anteilen von Cu und Ni, neben AgCu3 die größte praktische Bedeutung erlangt. Dieser Werkstoff zeichnet sich durch hohe Oxidationsbeständigkeit und geringe Neigung zur Rekristallisation unter der Einwirkung hoher Temperaturen aus. Neben einer hohen mechanischen Verschleißfestigkeit weist die AgCuNi-Legierung auch eine erhöhte Abbrandfestigkeit auf. Die Legierung AgCu24,5Ni0,5 hat aufgrund ihrer geringen Neigung zur Materialwanderung bei Gleichstrombelastung vor allem in Nordamerika über lange Zeit breite Anwendung in der Automobiltechnik gefunden. Im Zuge der Miniaturisierung elektromechanischer Bauelemente und den damit verbundenen geringeren Kontaktkräften in Relais und Schaltern kommt diese Legierung wegen ihrer erhöhten Neigung zur Oxidbildung heute deutlich weniger zum Einsatz.
Die verwendeten Verbindungsverfahren entsprechen weitgehend denen, die auch bei Feinsilber angewandt werden.
Hartsilberlegierungen finden verbreitet Anwendung in vielen Wechsel- und Gleichstromschaltern für Informations- und Energietechnik bei Schaltströmen bis 10A, vereinzelt auch bei höheren Strömen (Table 6).
Dispersionsgehärtete Legierungen des Silbers mit 0,5 Massen-% MgO und NiO (ARGODUR 32) werden durch innere Oxidation hergestellt. Während sich die schmelztechnisch hergestellte Ausgangslegierung gut umformen lässt, ist der dispersionsgehärtete Werkstoff sehr spröde und kaum verformbar. Gegenüber Feinsilber und Hartsilber weist er eine wesentlich höhere Warmfestigkeit auf, so dass mit diesem dispersionsgehärteten Werkstoff auch Hartlötungen bei Temperaturen bis ca. 800°C ohne Einbuße an Härte und Festigkeit durchführbar sind. Aufgrund seiner günstigen Festigkeitseigenschaften und seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit eignet sich ARGODUR 32 vor allem für thermisch und mechanisch hoch beanspruchte Kontaktfedern in Relais und Schützen in der Luft- und Raumfahrt.
Werkstoff | Eigenschaften | |
---|---|---|
Ag AgNi0,15 ARGODUR-Special |
Höchste elektrische und thermische Leitfähigkeit, hohe Affinität zu Schwefel (Sulfidbildung), geringe Verschweißresistenz, niedriger Kontaktwiderstand, sehr gute Verformbarkeit | oxidationsbeständig, bei höheren Einschaltströmen begrenzte Abbrandfestigkeit, Neigung zur Materialwanderung in Gleichstromkreisen, gute Löt- und Schweißbarkeit |
Ag-Legierungen | Mit zunehmendem Kupferanteil Anstieg des Kontaktwiderstandes, höhere Abbrandfestigkeit gegenüber Feinsilber, geringere Neigung zu Materialwanderung, höhere mechanische Festigkeit gegenüber Feinsilber | gute Verformbarkeit, gute Löt- und Schweißbarkeit |
Werkstoff | Anwendungsbeispiele | Lieferformen |
---|---|---|
Ag AgNi0,15 ARGODUR-Spezial AgCu3 AgNi98NiCu2 ARGODUR 27 AgCu24,5Ni0,5 |
Relais, Mikroschalter, Hilfsstromschalter, Befehlsschalter, Schalter für Hausgeräte, Lichtschalter (≤ 20A), Hauptschalter |
Halbzeuge: Bänder, Drähte, Kontaktprofile, Kontaktbimetalle, Toplay-Profile, rollennahtgeschweißte Profile Kontaktteile: Kontaktauflagen, massive- und Bimetallniete, Aufschweißkontakte, plattierte, geschweißte und genietete Kontaktteile |
AgCu5 AgCu10 AgCu28 |
Spezielle Anwendungen | Halbzeuge: Bänder, Drähte, Kontaktprofile, Kontaktbimetalle, rollennahtgeschweißte Profile Kontaktteile: Kontaktauflagen, massive Kontaktniete, Aufschweißkontakte, plattierte, geschweißte und genietete Kontaktteile |
Ag99, 5NiOMgO ARGODUR 32 |
Miniaturrelais, Schütze und Relais in Flugzeugen, Erodierdrähte für Einspritzdüsen | Kontaktfedern, Kontaktträgerteile |
Silber-Palladium-Legierungen
Durch Zulegieren von 30 Massen-% Pd wird neben den mechanischen Eigenschaften vor allem die Beständigkeit des Silbers gegenüber der Einwirkung von Schwefel und schwefelhaltigen Verbindungen entscheidend verbessert (Table 7 und Table 8). Eine noch höhere Resistenz gegenüber Silber-Sulfid-Bildung weisen Legierungen mit 40-60 Massen-% Pd auf. Bei diesen Pd-Anteilen können sich allerdings die katalytischen Eigenschaften des Palladiums nachteilig auf das Kontaktwiderstandsverhalten auswirken. Auch die Verformbarkeit nimmt mit zunehmenden Pd-Gehalt ab.
AgPd-Legierungen sind hart, abbrandfest und weisen eine etwas geringere Neigung zur Materialwanderung bei Gleichstromlast auf (Table 9). Allerdings wird die elektrische Leitfähigkeit durch hohe Pd-Gehalte stark verringert. Die ternäre AgPd30Cu5-Legierung ermöglicht eine weitere Steigerung der Festigkeitswerte, was sich vor allem bei Gleitkontaktsystemen vorteilhaft auswirkt.
AgPd-Legierungen sind bei Pd-Gehalten bis 30 Massen-% gut plattierbar. Als Verbindungstechnik kommen üblicherweise das Aufschweißen von Draht- oder Profilabschnitten oder die Verwendung von Kontaktnieten in Frage.
AgPd-Legierungen kommen z.B. in Relais beim Schalten mittlerer bis höherer elektrischer Belastung ( <60V; <2A) zum Einsatz (Table 10). Aufgrund des hohen Palladiumpreises werden diese allerdings vielfach durch Mehrschichtwerkstoffe, z.B. AgNi0,15 oder Ag/Ni90/10 jeweils mit einer dünnen Au-Auflage ersetzt. Ein breites Anwendungsfeld haben AgPd-Legierungen als verschleißfeste Gleitkontakte gefunden.
Werkstoff | Palladiumanteil [Massen-%] |
Dichte [g/cm3] |
Schmelzpunkt bzw.-intervall [°C] |
Spez. elektr.
Widerstand |
Elektrische
Leitfähigkeit |
Wärmeleitfähigkeit [W/mK] |
Temp. Koeff.d.el.
Widerstandes |
---|---|---|---|---|---|---|---|
AgPd30 | 30 | 10.9 | 1155 - 1220 | 14.7 | 6.8 | 60 | 0.4 |
AgPd40 | 40 | 11.1 | 1225 - 1285 | 20.8 | 4.8 | 46 | 0.36 |
AgPd50 | 50 | 11.2 | 1290 - 1340 | 32.3 | 3.1 | 34 | 0.23 |
AgPd60 | 60 | 11.4 | 1330 - 1385 | 41.7 | 2.4 | 29 | 0.12 |
AgPd30Cu5 | 30 | 10.8 | 1120 - 1165 | 15.6 | 6.4 | 28 | 0.37 |
Werkstoff | Festigkeitszustand | Zugfestigkeit Rm[MPa] | Dehnung A [%]min. | Vickershärte HV |
---|---|---|---|---|
AgPd30 | R 320 R 570 | 320 570 | 38 3 | 65 145 |
AgPd40 | R 350 R 630 | 350 630 | 38 2 | 72 165 |
AgPd50 | R 340 R 630 | 340 630 | 35 2 | 78 185 |
AgPd60 | R 430 R 700 | 430 700 | 30 2 | 85 195 |
AgPd30Cu5 | R 410 R 620 | 410 620 | 40 2 | 90 190 |
Werkstoff | Eigenschaften | |
---|---|---|
AgPd30-60 | Korrosionsbeständig, mit steigendem Pd-Anteil nimmt „brown-powder“-Bildung zu, geringere Neigung zur Materialwanderung in Gleichstromkreisen, hohe Verformbarkeit | beständig gegenüber Ag2S Bildung, niedriger Kontaktwiderstand, hohe Härte bei höherem Pd-Anteil, Abbrandfestigkeit von AgPd30 am höchsten, gut schweiß- und plattierbar |
AgPd30Cu5 | hohe mechanische Verschleißfestigkeit | hohe Härte |
Werkstoff | Anwendungsbeispiele | Lieferformen |
---|---|---|
AgPd 30-60 | Schalter, Relais, Taster, Steckverbinder, Gleitkontakte | Halbzeuge: Drähte, Mikroprofile, Kontaktbimetalle, rollennahtgeschweißte Profile Kontaktteile: Massive- und Bimetallniete, plattierte und geschweißte Kontaktteile, Stanzteile |
AgPd30Cu5 | Gleitkontakte, Gleitbahnen | Drahtbiegeteile, Kontaktfedern, massive und plattierte Stanzteile |
Silber-Verbundwerkstoffe
Silber-Nickel Werkstoffe
Da Silber und Nickel im festen Zustand ineinander unlöslich sind und im flüssigen Zustand nur eine geringe Löslichkeit von Nickel im Silber besteht, können Silber- Nickel-Werkstoffe mit höheren Ni-Anteilen nur nach pulvermetallurgischen Verfahren hergestellt werden. Durch das Strangpressen der gesinterten Ag/Ni- Blöcke zu Drähten, Bändern und Stangen sowie die nachfolgenden Verarbeitungsschritte z.B. Walzen oder Ziehen, werden die in der Ag-Matrix eingelagerten Nickelpartikel in Umformrichtung so ausgerichtet und gestreckt, dass im Gefügebild eine deutliche Faserstruktur zu erkennen ist (Figure 30 und Figure 31).
Die aufgrund der hohen Umformung beim Strangpressen erzeugte hohe Dichte von Ag/Ni-Werkstoffen wirkt sich vorteilhaft auf die Abbrandfestigkeit aus (Table 11). Das typische Einsatzgebiet der Ag/Ni-Werkstoffe sind Schaltströme <100 A. Hierbei sind sie deutlich abbrandfester als Silber oder Silber-Legierungen. Weiterhin weisen sie bei Nickelanteilen <20 Massen-% niedrige und über die Schaltstücklebensdauer gleichbleibende Kontaktwiderstände und gute Lichtbogenlaufeigenschaften auf. Bei Gleichstrombetrieb zeichnen sich die Ag/Ni-Werkstoffe durch eine verhältnismäßig geringe flächenhafte Materialwanderung aus (Table 13).
Ag/Ni Werkstoffe werden üblicherweise mit Nickelgehalten von 10-40 Massen-% hergestellt. Ag/Ni 10 und Ag/Ni 20, die am häufigsten eingesetzten Werkstoffe, weisen eine sehr gute Umform- und Plattierbarkeit auf (Figure 26, Figure 27, Figure 28, Figure 29). Sie können ohne zusätzliche Schweißhilfe sehr wirtschaftlich auf geeignete Trägerwerkstoffe geschweißt oder gelötet werden. Ag/Ni Werkstoffe mit Nickel- Anteilen von 30-40 Massen-% kommen in Schaltgeräten zum Einsatz, in denen einerseits eine höhere Abbrandfestigkeit benötigt wird, andererseits erhöhte Kontaktwiderstände durch ausreichend hohe Kontaktkräfte kompensiert werden können.
Anwendungsschwerpunkte von Ag/Ni-Kontaktwerkstoffen sind z.B. Relais, Installationsschalter, Schalter für Hausgeräte, Thermostate, Hilfsstromschalter und kleinere Schütze mit Bemessungs-Betriebsströmen <20A (Table 14).
Werkstoff | Silberanteil | Dichte | Schmelztemperatur | Spez. elektr. Widerstandp | Elektrische Leitfähigkeit (weich) | |
---|---|---|---|---|---|---|
[wt%] | [g/cm3] | [°C] | [µΩ·cm] | [% IACS] | [MS/m] | |
Ag/Ni 90/10 | 89 - 91 | 10.2 - 10.3 | 960 | 1.82 - 1.92 | 90 - 95 | 52 - 55 |
Ag/Ni 85/15 | 84 - 86 | 10.1 - 10.2 | 960 | 1.89 - 2.0 | 86 - 91 | 50 - 53 |
Ag/Ni 80/20 | 79 - 81 | 10.0 - 10.1 | 960 | 1.92 - 2.08 | 83 - 90 | 48 - 52 |
Ag/Ni 70/30 | 69 - 71 | 9.8 | 960 | 2.44 | 71 | 41 |
Ag/Ni 60/40 | 59 - 61 | 9.7 | 960 | 2.70 | 64 | 37 |
Werkstoff | Festigkeitszustand | Zugfestigkeit Rm [Mpa] | Dehnung (weichgeglüht) [%] min. | Vickershärte HV 10 |
---|---|---|---|---|
Ag/Ni 90/10 |
soft R 220 R 280 R 340 R 400 |
< 250 220 - 280 280 - 340 340 - 400 > 400 |
25 20 3 2 1 |
< 50 50 - 70 65 - 90 85 - 105 > 100 |
Ag/Ni 85/15 |
soft R 300 R 350 R 380 R 400 |
< 275 250 - 300 300 - 350 350 - 400 > 400 |
20 4 2 2 1 |
< 70 70 - 90 85 - 105 100 - 120 > 115 |
Ag/Ni 80/20 |
soft R 300 R 350 R 400 R 450 |
< 300 300 - 350 350 - 400 400 - 450 > 450 |
20 4 2 2 1 |
< 80 80 - 95 90 - 110 100 - 125 > 120 |
Ag/Ni 70/30 |
R 330 R 420 R 470 R 530 |
330 - 420 420 - 470 470 - 530 > 530 |
8 2 1 1 |
80 100 115 135 |
Ag/Ni 60/40 |
R 370 R 440 R 500 R 580 |
370 - 440 440 - 500 500 - 580 > 580 |
6 2 1 1 |
90 110 130 150 |
Werkstoff | Eigenschaften |
---|---|
Ag/Ni |
Hohe Abbbrandfestigkeit bei Schaltströmen bis 100A,
Sicherheit gegen Verschweißen bei Einschaltströmen bis 100A, niedriger und über die Schaltstücklebensdauer nahezu konstanter Kontaktwiderstand bei Ag/Ni 90/10 und Ag/Ni 80/20, geringe flächenhafte Materialwanderung bei Gleichstromlast, nichtleitende Abbrandrückstände auf Isolierstoffen, daher nur geringe Beeinträchtigung der Spannungsfestigkeit des Schaltgerätes, gutes Lichtbogenlaufverhalten, günstige Lichtbogenlöscheigenschaften, gute bis ausreichende Verformbarkeit entsprechend der Werkstoffzusammensetzung, gute Löt- und Schweißbarkeit |
Werkstoff | Anwendungsbeispiele | Schalt- bzw.
Bemessungsströme |
Lieferform |
---|---|---|---|
Ag/Ni 90/10-80/20 | Relais Kfz-Relais -Widerstandslast -Motorlast |
> 10A > 10A |
Halbzeuge: Drähte, Profile, Kontaktbimetalle,
rollennahtgeschweißte
Profile,
Toplay-Profile |
Ag/Ni 90/10, Ag/Ni 85/15-80/20 | Hilfsstromschalter | ≤ 100A | |
Ag/Ni 90/10-80/20 | Schalter für Hausgeräte | ≤ 50A | |
Ag/Ni 90/10 | Lichtschalter | ≤ 20A | |
Ag/Ni 90/10 | Hauptschalter,
Treppenhausautomaten |
≤ 100A | |
Ag/Ni 90/10-80/20 | Regel- und Steuerschalter,
Thermostate |
> 10A ≤ 50A | |
Ag/Ni 90/10-80/20 | Lastschalter | ≤ 20A | |
Ag/Ni 90/10-80/20 | Motorschalter (Schütze) | ≤ 100A | |
Ag/Ni 90/10-80/20 paired with Ag/C 97/3-96/4 |
Motorschutzschalter | ≤ 40A | |
Ag/Ni 80/20-60/40 paired with Ag/C 96/4-95/5 |
Fehlerstromschutzschalter | ≤ 100A | Stangen, Profile,
Kontaktauflagen, Formteile, gelötete und geschweißte Kontaktteile |
Ag/Ni 80/20-60/40 paired with Ag/C 96/4-95/5 |
Leistungsschalter | > 100A |
Silber-Metalloxid-Werkstoffe Ag/CdO, Ag/SnO2, Ag/ZnO
Die Familie der Silber-Metalloxid-Kontaktwerkstoffe umfasst die Werkstoffgruppen: Silber-Cadmiumoxid, Silber-Zinnoxid und Silber-Zinkoxid. Aufgrund ihrer sehr guten Kontakt- und Schalteigenschaften, wie hohe Verschweißresistenz, niedriger Kontaktwiderstand und hohe Abbrandfestigkeit, haben Silber-Metalloxid-Werkstoffe eine herausragende Stellung in einem breiten Anwendungsbereich erlangt. Sie finden vor allem Einsatz in Schaltgeräten der Niederspannungs-Energietechnik, z.B. in Relais, Installations-, Geräte-, Motor- und Schutzschaltern (Table 20).
- Silber-Cadmiumoxid
Silber-Cadmiumoxid Werkstoffe mit 10-15 Massen-% CdO werden sowohl nach dem Verfahren der inneren Oxidation als auch auf pulvermetallurgischem Wege hergestellt.
Bei der Herstellung von Bändern und Drähten durch innere Oxidation wird von einer auf dem Schmelzwege erzeugten Legierung aus Silber und Cadmium ausgegangen. Unterzieht man eine solche homogene Legierung einer Glühbehandlung unterhalb ihres Schmelzpunktes in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre, so diffundiert der Sauerstoff von der Oberfläche in das Innere der Silber-Cadmium-Legierung ein und oxidiert das Cd zu CdO, das sich dabei mehr oder weniger feinkörnig in der Ag-Matrix ausscheidet. Die CdO-Ausscheidungen sind im Randbereich feinkörnig und werden in Richtung der Oxidationsfront grobkörniger (Figure 38).
Bei der Herstellung von Ag/CdO-Kontaktmaterial ist je nach Art des Halbzeugs der Prozessablauf der inneren Oxidation unterschiedlich. Bei Ag/CdO-Drähten wird das AgCd-Vormaterial vollständig durchoxidiert, auf das gewünschte Endmaß gezogen und z.B. zu Kontaktnieten weiterverarbeitet (Figure 32 und Figure 33). Dagegen wird bei Ag/CdO- Bändern die innere Oxidation einseitig nur bis zu einer bestimmten Tiefe ausgeführt. Die so erhaltenen Zweischichtbänder mit der inneroxidierten Ag/CdO-Kontaktschicht auf der Oberseite und der gut lötbaren AgCd-Unterseite (Bezeichnung: „ZH“) sind Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kontaktprofilen und -auflagen.
Bei der pulvermetallurgischen Herstellung werden die nach verschiedenen Verfahren gewonnenen Pulvermischungen überwiegend durch Pressen, Sintern und Strangpressen zu Drähten und Bändern weiterverarbeitet. Durch den hohen Umformgrad beim Strangpressen wird eine gleichmäßige Verteilung der CdO-Partikel in der Ag-Matrix und eine hohe Dichte erreicht, die sich vorteilhaft auf die Kontakteigenschaften auswirken (Figure 39). Die für Bänder und Plättchen erforderliche gut löt- und schweißbare Unterseite wird durch Verbundstrangpressen oder Anplattieren einer Silberschicht nach oder vor dem Strangpressvorgang erzielt.
Bei größeren Kontaktauflagen in meist runder Form bietet das Verfahren der Einzelpresstechnik vielfach wirtschaftliche Vorteile. Dabei wird die Pulvermischung in eine Form gepresst, die der Endabmessung des Kontaktstückes entspricht. Nach dem Pressen und Sintern ist i.d.R. ein weiterer Nachpressvorgang erforderlich, um eine hohe Dichte des Werkstoffes zu erreichen.
- Silber-Zinnoxid Werkstoffe
Aufgrund der Toxizität des Cadmiums wurden in den letzten Jahren in vielen Anwendungsfällen die Ag/CdO-Werkstoffe durch Ag/SnO2-Werkstoffe mit 2-14 Massen-% SnO2 ersetzt. Diese Substitution wurde noch dadurch begünstigt, dass Ag/SnO2 -Werkstoffe häufig bessere Kontakt- und Schalteigenschaften, wie höhere Abbrandfestigkeit, erhöhte Verschweißresistenz und eine deutlich geringere Neigung zur Materialwanderung bei Gleichstrombetrieb aufweisen (Table 19). Durch spezielle Metalloxid-Zusätze und Fertigungsverfahren wurden Ag/SnO2- Werkstoffe für unterschiedliche Anwendungsfälle optimiert (Table 17 und Table 18).
Die Herstellung von Silber-Zinnoxid auf dem Wege der inneren Oxidation ist grundsätzlich möglich. Bei Silber-Zinn-Legierungen mit >5 Massen-% Sn bilden sich jedoch bei oxidierender Glühung in oberflächennahen Bereichen Deckschichten, die eine weitere Diffusion des Sauerstoffs ins Innere des Werkstoffes verhindern. Die Herstellung von Werkstoffen mit höheren Oxidgehalten ist nur durch Zusätze von Indium oder Wismut möglich. Solche nach dem klassischen Verfahren der inneren Oxidation hergestellten Ag/SnO2-Werkstoffe sind sehr spröde und weisen höhere Kontaktwiderstände auf, was z.B. bei Dauerstromführung in Motorschaltern zu hohen Übertemperaturen führen kann. Ihr Einsatz beschränkt sich daher weitgehend auf Relais. Für diesen Anwendungsfall ist es erforderlich, einen hinreichend duktilen Werkstoff mit feinkörnigen SnO2-Einlagerungen herzustellen (Figure 55). Dies gelingt durch Optimierung des Prozessverlaufs bei der inneren Oxidation und wiederholte Arbeitsschritte beim Strangpressen. Durch Anbringen einer Silberschicht lassen sich auch Bänder und Profile mit einer löt- und schweißbaren Unterschicht herstellen (Figure 56). Aufgrund ihrer geringen Neigung zur Materialwanderung in Gleichstromkreisen und ihrer erhöhten Abbrandfestigkeit kommen diese Werkstoffe z.B. in Kfz-Relais zum Einsatz (Table 20).
Bei der Herstellung von Silber-Zinnoxid Werkstoffen spielt die Pulvermetallurgie eine wesentliche Rolle. Neben SnO2 wird meist noch ein geringer Anteil (<1 Massen-%) eines oder mehrerer Metalloxide z.B. WO3, MoO3, CuO und/oder Bi2O3 zugemischt, die im Schaltbetrieb an der Grenzfläche zwischen Silberschmelze und Oxidpartikel wirksam sind. Diese Additive fördern einerseits die Benetzung und erhöhen die Viskosität der Silberschmelze, andererseits beeinflussen sie wesentlich die mechanischen und Schalteigenschaften der Ag/SnO2 -Werkstoffe (Table 15).
Werkstoff | Silber Anteil [Massen-%] |
Zusätze | Dichte [g/cm3] |
Elektrischer Widerstand [μΩ·cm] |
Elektrische Leitfähigkeit [% IACS] [MS/m] |
Vickers Härtegrad Hv1 |
Zugfestigkeit [MPa] |
Dehnung (weichgeglüht) A[%]min. |
Herstellungsprozess | Form der Bereitstellung | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ag/SnO2 92/8PW10 |
91 - 93 | WO3 | 9.9 | 2 | 86 | 50 | 50 - 95 | 200 - 320 | 30 | Pulvermetallurgisch |
1 |
Ag/SnO2 90/10PW10 |
89 - 91 | WO3 | 9.8 | 2.08 | 83 | 48 | 55 - 100 | 220 - 330 | 28 | Pulvermetallurgisch | 1 |
Ag/SnO2 88/12PW10 |
87 - 89 | WO3 | 9.7 | 2.17 | 79 | 46 | 60 - 106 | 230 - 330 | 25 | Pulvermetallurgisch | 1 |
Ag/SnO2 90/10PE |
89 - 91 | Bi2O3 and CuO | 9.8 | 2.04 | 84 | 49 | 55 - 100 | 230 - 330 | 28 | Pulvermetallurgisch | 1 |
Ag/SnO2 88/12PE |
87 - 89 | Bi2O3 and CuO | 9.7 | 2.17 | 79 | 46 | 60 - 106 | 235 - 330 | 25 | Pulvermetallurgisch | 1 |
Ag/SnO2 88/12 TOS F |
87 - 89 | In2O3 | 9.8 | 2.22 | 78 | 45 | 100 - 120 | 330 -430 | 25 | Innere Oxidation | 1,2 |
Ag/SnO2 90/10WPD |
89 - 91 | Ag2MoO4 | 9.9 | 2.13 | 81 | 47 | 70 - 120 | Pulvermetallurgisch | 2 | ||
Ag/SnO2 88/12WPD |
87 - 89 | Ag2MoO4 | 9.8 | 2.27 | 76 | 44 | 75 - 120 | Pulvermetallurgisch | 2 |
1 = Drähte, Stäbe, Kontaktnieten 2 = Bänder, Profile, Kontaktstifte
Für die Herstellung der Pulvermischung werden verschiedene Verfahren angewandt, aus denen sich spezifische Vorteile im Schaltverhalten ergeben. Einige dieser Verfahren werden im Folgenden kurz beschrieben:
- a) Pulvermischung aus Einzelpulvern
Bei diesem klassischen Verfahren der Pulvermetallurgie werden alle, in den Werkstoff eingebrachten Komponenten, einschließlich der Zusätze, als Einzelpulver miteinander vermischt. Das Mischen der Pulver erfolgt üblicherweise trocken in Mischern unterschiedlicher Bauart.
- b) Pulvermischung auf Basis dotierter Oxide
Für den Einbau von Zusatzoxiden in das Zinnoxid hat sich das Reaktions-Sprüh-Verfahren (RSV) als vorteilhaft erwiesen. Bei diesem Verfahren wird von einer wässrigen Lösung ausgegangen, in der Zinn sowie die als Zusätze verwendeten Metalle in Form chemischer Verbindungen vorliegen. Diese wässrige Lösung wird unter hohem Druck in einer heißen Reaktionskammer verdüst. Durch die schlagartige Verdampfung des Wassers entsteht aus jedem einzelnen Tröpfchen zunächst ein Salzkristall und hieraus durch Oxidation ein Zinnoxid-Partikel, in dem die Zusatzmetalle in oxidierter Form gleichmäßig verteilt vorliegen. Das so erhaltene „dotierte“ Zinnoxidpulver wird anschließend mit Silberpulver vermischt.
- c) Pulvermischung auf Basis beschichteter Oxidpulver
Nach diesem Verfahren wird Zinnoxidpulver mit niedrigschmelzenden Zusätzen, z.B. Ag2 MoO4 , vermischt und anschließend einer Glühbehandlung ausgesetzt. Dabei überzieht sich die Zinnoxid-Oberfläche mit einer dünnen Schicht.
- d) Pulvermischung auf Basis inneroxidierter Legierungspulver
Dieses Verfahren schließt sowohl Arbeitsschritte der Pulvermetallurgie als auch der inneren Oxidation ein. Ausgegangen wird dabei von einer Silber-Metall-Legierung, die geschmolzen und anschließend zu feinkörnigem Pulver verdüst wird. Dieses Legierungspulver wird in sauerstoffhaltiger Atmosphäre geglüht, wobei sich das im Silber gelöste Zinn sowie weitere Zusatzmetalle als Oxidpartikel ausscheiden.
- e) Pulvermischung auf Basis nasschemisch gefällter Verbundpulvern
In eine Suspension von Metalloxiden, z.B. SnO2 werden eine Silbersalzlösungzusammen mit einem Fällungsmittel eingeleitet. In einer chemischen Fällreaktion scheidet sich Silber bzw. Silberoxid ab. Die suspensierten Metalloxidpartikel wirken dabei als Kristallisationskeime.
Die Weiterverarbeitung der nach den verschiedenen Verfahren hergestellten Pulvermischungen erfolgt auf übliche Art durch Sintern und Strangpressen. Aus den so erhaltenen Halbzeugen, wie Bändern, Profilen und Drähten werden dann Kontaktauflagen oder -niete gefertigt. Zur Erzeugung einer lötund schweißbaren Kontaktunterseite aus Feinsilber werden die gleichen Verfahren angewandt, wie bei Ag/CdO beschrieben (Table 16).
Große, speziell geformte oder runde Ag/SnO2-Kontaktauflagen können aus wirtschaftlichen Gründen, wie bei Ag/CdO, nach dem Verfahren der Einzelpresstechnik hergestellt werden.
Werkstoff | Metalloxid-Zusätze | Dichte [ g/cm3] | Spez. elektr. Widerstand [µS ·cm] | Elektrische Leitfähigkeit (weich) | Vickershärte HV 10. | |
---|---|---|---|---|---|---|
[%IACS] | [MS/m] | |||||
AgCdO 90/10 | 10.1 | 2.08 | 83 | 48 | 60 | |
AgCdO 85/15 | 9.9 | 2.27 | 76 | 44 | 65 | |
AgSnO2 90/10 | CuO und Bi2 O3 | 9.8 | 2.22 | 78 | 45 | 55 |
AgSnO2 88/12 | CuO und Bi2O3 | 9.6 | 2.63 | 66 | 38 | 60 |
- Silber-Zinkoxid Werkstoffe
Silber-Zinkoxid Werkstoffe mit 6-10 Massen-% Oxidanteil, einschließlich geringer Metalloxidzusätze, werden ausschließlich auf pulvermetallurgischem Wege gefertigt ((Figs. 58 – 63)). Besonders bewährt hat sich der Zusatz Ag2WO4 - nach Verfahrensweg c) in den Werkstoff eingebracht - für Anwendungen in Wechselstrom-Relais, Lichtschaltern und Schaltern für Hausgeräte. Wie bei den anderen Silber-Metalloxid-Werkstoffen werden zunächst Halbzeuge hergestellt, aus denen dann Kontaktauflagen oder -niete gefertigt werden. Ag/ZnO-Werkstoffe stellen aufgrund ihrer hohen Verschweißresistenz und Abbrandfestigkeit in manchen Anwendungen eine wirtschaftlich günstige Alternative zu Ag/SnO2 dar (Table 19 und Table 20).
Werkstoff |
Silberanteil [Massen-%] |
Zusätze | Dichte [g/cm3] |
Spez. elektr. Widerstand (20°) [μΩ·cm] |
Elektrische Leitfähigkeit [% IACS] [MS/m] |
Vickershärte Hv1 |
Zugfestigkeit [MPa] |
Dehnung (weichgeglüht) A[%]min. |
Herstellungsverfahren | Lieferform | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ag/ZnO 92/8P |
91 - 93 | 9.8 | 2.22 | 78 | 45 | 60 - 95 | 220 - 350 | 25 | Pulvermetallurgie
a) Einzelpulver |
1 | |
Ag/ZnO 92/8PW25 |
91 - 93 | Ag2WO4 | 9.6 | 2.08 | 83 | 48 | 65 - 105 | 230 - 340 | 25 | Pulvermetallurgie
c) beschichtet |
1 |
Ag/ZnO 90/10PW25 |
89 - 91 | Ag2WO4 | 9.6 | 2.17 | 79 | 46 | 65 - 100 | 230 - 350 | 20 | Pulvermetallurgie
c) beschichtet |
1 |
Ag/ZnO 92/8WP |
91 - 93 | 9.8 | 2.0 | 86 | 50 | 60 - 95 | Pulvermetallurgie mit Ag-
Rücken a) Einzelpulver |
2 | |||
Ag/ZnO 92/8WPW25 |
91 - 93 | Ag2WO4 | 9.6 | 2.08 | 83 | 48 | 65 - 105 | Pulvermetallurgie mit Ag-
Rücken c) beschichtet |
2 | ||
Ag/ZnO 90/10WPW25 |
89 - 91 | Ag2WO4 | 9.6 | 2.7 | 79 | 46 | 65 - 110 | Pulvermetallurgie mit Ag-
Rücken c) beschichtet |
2 |
1 = Drähte, Stangen, Niete, 2) Streifen, Bänder, Profile, Plättchen
Werkstoff/ Werkstoffgruppe | Spezielle Eigenschaften | ||
---|---|---|---|
Ag/SnO2 PE | Besonders geeignet für Kfz-Relais (Lampenlast) | gute Umformbarkeit (Niete) | |
Ag/SnO2 TOS F | Besonders geeignet für hohe induktive Gleichstromlast | sehr gute Umformbarkeit (Niete) | |
Ag/SnO2 WPD | Besonders geeignet für Schwerlastbetrieb (AC-4) und hohe Schaltströme | ||
Ag/SnO2 W TOS F | Besonders geeignet für hohe induktive Gleichstromlast |
Werkstoff | Eigenschaften |
---|---|
Ag/SnO2 |
Umweltfreundliche Werkstoffe,
sehr hohe Sicherheit gegenüber Einschaltverschweißungen, Sicherheit gegenüber Verschweißungen mit steigendem Oxidgehalt zunehmend, niedriger und über die Gerätelebensdauer weitgehend stabiler Kontaktwiderstand und günstiges Übertemperaturverhalten durch spezielle Oxidzusätze, hohe Abbrandfestigkeit und Schaltstücklebensdauer, sehr geringe, flächenhafte Materialwanderung bei Gleichstromlast, günstige Lichtbogenlaufeigenschaften, sehr gutes Lichtbogenlöschverhalten |
Ag/ZnO |
Umweltfreundliche Werkstoffe,
hohe Sicherheit gegenüber Einschaltverschweißungen (Kondensatorschütze), niedriger und konstanter Kontaktwiderstand durch spezielle Oxidzusätze, besonders hohe Abbrandfestigkeit bei hohen Schaltströmen, hinsichtlich Materialwanderung und Lebensdauer bei Gleichstromlast ungünstiger als Ag/SnO2 ,mit Zusatz Ag2WO4 besonders geeignet für Wechselstrom-Relais und Schalter in Hausgeräten, in den sonstigen Eigenschaften vergleichbar mit Ag/SnO2 |
Werkstoff | Anwendungsbeispiele |
---|---|
Ag/SnO2 | Mikroschalter, Elementarrelais, Kfz-Relais, Schalter für Hausgeräte, Hauptschalter, Motorschalter ( Schütze ), Fehlerstromschutzschalter ( gepaart mit Ag/C ), Leistungsschalter. |
Ag/ZnO | Lichtschalter, Wechselstrom-Relais, Schalter für Hausgeräte Motorschutzschalter ( gepaart mit Ag/Ni bzw. Ag/C), Fehlerstromschutzschalter ( gepaart mit Ag/C ), Leistungsschalter. |
Silber-Grafit Werkstoffe
Ag/C Kontaktwerkstoffe werden üblicherweise mit Grafitgehalten von 2-5 Massen-% auf pulvermetallurgischem Wege hergestellt (Table 21). Die früher übliche Herstellung von Ag/C-Plättchen nach dem Verfahren der Einzelpresstechnik , d.h. durch Mischen von Silber- und Grafit-Pulver, Pressen, Sintern und Nachpressen, wurde seit langem in Europa durch das Strangpressen abgelöst, hat jedoch für spezielle Kontaktformen, z.B. trapezförmige Auflagen, und kostenkritische Anwendungen in den USA und in anderen Regionen eine gewisse Bedeutung.
Das Strangpressen gesinterter Ag/C-Blöcke ist das dominierende Fertigungsverfahren für Ag/C-Halbzeuge. Durch das Strangpressen wird eine hohe Verdichtung des Werkstoffes und eine zeilenförmige Ausrichtung der Grafitpartikel in Pressrichtung erreicht ((Figs. 68 – 71)). Je nach Art des Strangpressens, als Band oder in Stangenform, sind die Grafitpartikel im fertigen Kontaktstück senkrecht oder parallel zur Schaltfläche angeordnet (Figure 69 und Figure 70).
Da sich Kontaktauflagen aus Silber-Grafit wegen der in der Ag-Matrix eingelagerten Grafitpartikel direkt weder schweißen noch löten lassen, ist für das Aufbringen der Auflagen auf Kontaktträger eine grafitfreie Unterschicht erforderlich. Diese kann durch einseitiges Ausbrennen des Grafits oder durch Verbundstrangpressen des Ag/C-Pressblockes mit Silber erzeugt werden.
Ag/C-Werkstoffe weisen einerseits eine extrem hohe Verschweißresistenz, die von keiner anderen Werkstoffgruppe erreicht wird, andererseits jedoch eine geringe Abbrandfestigkeit auf. Dieses außergewöhnliche Schaltverhalten von Ag/C wird durch die Reaktion der Wirkkomponente Grafit mit der Umgebungsatmosphäre bei den infolge Lichtbogeneinwirkung auftretenden hohen Temperaturen bestimmt. Bei Ag/C-Werkstoffen mit einer Orientierung der Grafit-Partikel parallel zur Schaltfläche ist die Verschweißresistenz besonders hoch. Da die Schaltstückoberfläche nach Lichtbogeneinwirkung aus reinem Silber besteht, sind die Kontaktwiderstände während der Schaltstücklebensdauer gleichbleibend niedrig.
Ein Schwachpunkt von Ag/C-Kontaktwerkstoffen ist die geringe Abbrandfestigkeit. Bei Ag/C-Kontaktmaterial mit parallel zur Schaltfläche orientierten Grafit- Partikeln kann eine deutliche Verbesserung im Abbrandverhalten erreicht werden, wenn ein Teil des Grafits in Form von Fasern in den Werkstoff (Ag/C DF) eingebracht wird (Figure 71). Das Schweißverhalten wird dabei durch den Anteil an Grafit-Partikeln bestimmt.
Ag/C-Plättchen mit senkrechter Ausrichtung der Grafit-Partikel werden nach bestimmten Arbeitsschritten - Strangpressen, nachfolgendem Trennen zu Doppelplättchen, Ausbrennen des Grafits und zweitem Trennen zu Einzelplättchen - hergestellt (Table 22). Solche Plättchen mit Ag/C-Schaltfläche und gut löt- und schweißbarer Ag-Unterseite sind besonders geeignet für Anwendungen, die sowohl hohe Verschweißresistenz als auch eine ausreichend hohe Abbrandfestigkeit im Schaltbetrieb erfordern.
Als Verbindungsverfahren kommen Hartlöten und Schweißen in Frage. Beim Aufschweißen hängt der Fertigungsablauf von der Orientierung der Grafit- Partikel in der Ag-Matrix ab. Bei Ag/C-Werkstoffen mit einer Ausrichtung der Grafit-Partikel senkrecht zur Schaltfläche werden die Kontaktauflagen als Einzelteile weiterverarbeitet. Bei paralleler Ausrichtung ist die Verarbeitung besonders wirtschaftlich, da von Bandmaterial ausgegangen werden kann, aus dem in einer Arbeitsfolge Kontaktplättchen getrennt und unmittelbar danach aufgeschweißt werden. Um den Fügevorgang energiesparender zu gestalten, können die Ag/C-Profile auch mit einer dünnen Hartlotschicht versehen werden.
In begrenztem Umfang können Ag/C-Werkstoffe mit 2-3 Massen-% Grafit auch zu Drähten und bei nur geringer Kaltumformung zu Kontaktnieten verarbeitet werden.
Haupteinsatzgebiet der Ag/C-Werkstoffe sind Schutzschalter, wie Leistungs-, Leitungsschutz-, Motorschutz- und Fehlerstromschutzschalter, in denen im Kurzschlussfall höchste Anforderungen an die Verschweißresistenz der Kontaktstücke gestellt werden (Table 23). Die geringe Abbrandfestigkeit des Ag/C wird dabei in unsymmetrischer Kontaktpaarung durch abbrandfeste Gegenkontakte aus Ag/Ni oder Ag/W kompensiert.
Werkstoff | Silberanteil [Massen-%] |
Dichte [g/cm3] |
Schmelztemperatur [°C] |
Spez. elektr. Widerstand (20°) [μΩ·cm] |
Elektrische Leitfähigkeit [% IACS] [MS/m] |
Vickershärte HV10 42 - 45 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ag/C 98/2 |
97.5 - 98.5 | 9.5 | 960 | 1.85 - 1.92 | 90 - 93 | 48 - 50 | 42 - 44 |
Ag/C 97/3 |
96.5 - 97.5 | 9.1 | 960 | 1.92 - 2.0 | 86 - 90 | 45 - 48 | 41 - 43 |
Ag/C 96/4 |
95.5 - 96.5 | 8.7 | 960 | 2.04 - 2.13 | 81 - 84 | 42 - 46 | 40 - 42 |
Ag/C 95/5 |
94.5 - 95.5 | 8.5 | 960 | 2.12 - 2.22 | 78 - 81 | 40 - 44 | 40 - 60 |
AgC DF GRAPHOR DF*) |
95.7 - 96.7 | 8.7 - 8.9 | 960 | 2.27 - 2.50 | 69 - 76 | 40 - 44 |
*) Grafit-Partikel parallel zur Schaltfläche
Werkstoff | Eigenschaften |
---|---|
Ag/C | Höchste Sicherheit gegenüber Verschweißungen beim Einschalten hoher Ströme, hohe Sicherheit hinsichtlich Verschweißen geschlossener Kontakte im Kurzschlussfall, Zunahme der Verschweißresistenz mit steigendem Grafit-Anteil, niedriger Kontaktwiderstand, ungünstiges Abbrandverhalten insbesondere beim Ausschalten, mit zunehmendem Grafit-Anteil erhöhter Abbrand; gleichzeitig nimmt die Verrußung der Schaltkammerwände zu, Ag/C mit senkrechter Orientierung der Grafit-Partikel weist Vorteile hinsichtlich Abbrandfestigkeit, mit paralleler Orientierung Vorteile hinsichtlich Verschweißresistenz auf, ungünstiges Lichtbogenlaufverhalten; daher Einsatz in unsymmetrischer Paarung, begrenzte Umformbarkeit, löt- und schweißbar durch ausgebrannten Rücken, Ag/C ist hinsichtlich Abbrandfestigkeit und Verschweißverhalten optimiert. |
Werkstoff | Anwendungsbeispiele | Lieferform | |
---|---|---|---|
Ag/C 98/2 | Motorschutzschalter, gepaart mit Ag/Ni | Kontaktauflagen, gelötete und geschweißte Kontaktteile, begrenzt Kontakniete | |
Ag/C 97/3 Ag/C 96/4 Ag/C 95/5 Ag/C DF | Leitungsschutzschalter, gepaart mit Cu, Motorschutzschalter, gepaart mit Ag/Ni, Fehlerstromschutzschalter, gepaart mit Ag/Ni, Ag/W, Ag/W | Kontaktauflagen, gelötete und geschweißte Kontaktteile, begrenzt Kontaktniete bei Ag/C 97/3 |