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Werkstoffe auf Wolfram- und Molybdän-Basis

Wolfram und Molybdän (reine Metalle)

Wolfram zeichnet sich durch eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, wie hoher Schmelz- und Siedepunkt, ausreichend hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit, sehr hohe Härte und Dichte aus (Table 1). Es wird überwiegend in Form aufgelöteter Plättchen für solche Schaltaufgaben eingesetzt, die eine schnelle Schaltfolge, z.B. in Hupen für Kfz, verlangen.

Molybdän hat als Kontaktwerkstoff eine wesentlich geringere Bedeutung als Wolfram, da es gegen Oxidation weniger beständig ist. Beide Elemente werden in großem Maße als hochschmelzende Komponenten für Verbundwerkstoffe mit Silber bzw. Kupfer eingesetzt.

Table 1: Mechanische Eigenschaften von Wolfram und Molybdän

Werkstoff

Gefügezustand

Vickershärte

HV 10

Zugfestigkeit

[MPa]

Wolfram

schwach verformtes Gefüge

(Drähte und Bleche > 1 mm Dicke)

stark verformtes Gefüge

(Drähte und Bleche <1 mm Dicke)

rekristallisiertes Gefüge

300 - 500

500 - 750

360

1000 - 1800

1500 - 5000

1000 - 1200

Molybdän

schwach verformtes Gefüge

(Drähte und Bleche <1 mm Dicke)

stark verformtes Gefüge

(Drähte und Bleche <1 mm Dicke)

rekristallisiertes Gefüge

140 - 320

260 - 550

140 - 160

600 - 1100

800 - 2500

600 - 900

Silber-Wolfram Werkstoffe

Ag/W Kontaktwerkstoffe vereinigen in sich die hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit des Silbers mit der hohen Abbrandfestigkeit des hochschmelzenden Wolframs (Table 2). Die Herstellung der Ag/W-Werkstoffe mit üblicherweise 50-80 Massen-% Wolfram erfolgt auf pulvermetallurgischem Wege entweder durch Sintern mit flüssiger Phase oder über das Tränkverfahren. Kornform und Größe der Ausgangspulver bestimmen entscheidend das Gefüge sowie die mechanischen und kontaktspezifischen Eigenschaften dieser Stoffgruppe (Figure 1, Figure 2 und Table 2).

Bei häufigem betriebsmäßigem Schalten unter Lichtbogenbelastung bilden sich auf Ag/W-Kontaktoberflächen Wolframoxide sowie Mischoxide (Silber-Wolframate) und damit schlecht leitende Oberflächenschichten, die eine deutliche Erhöhung des Kontaktwiderstandes und dadurch bei Führung des Dauerstromes eine unzulässige Erwärmung zur Folge haben. Aus diesem Grunde wird Ag/W in vielen Schaltgeräten gepaart mit Ag/C- oder Ag/WC/C-Kontaktstücken eingesetzt.

Silber-Wolfram-Kontakte kommen als Einzelteile in Form nahezu beliebig geformter Auflagen zum Einsatz. Zur besseren Weiterverarbeitung sind die Auflagen meist auf der Verbindungsseite mit Ag angereichert oder mit einer Lotauflage versehen. Die Verbindung der Ag/W-Teile mit Kontaktträgern erfolgt durch Löten, bei kleineren Abmessungen auch durch Widerstandsschweißen.

Ag/W-Werkstoffe werden vor allem als Abbrennkontakte in Leistungsschaltern großer Leistung sowie als Hauptkontakte in Leistungschaltern kleinerer und mittlerer Leistung und in Schutzschaltern eingesetzt (Table 3 und Table 4). In Nord- und Südamerika kommen Silber-Wolfram-Kontakstücke in großen Stückzahlen in Leitungsschutzschaltern mit niedrigem und mittlerem Schaltvermögen für die Hausinstallation sowie für die kommerzielle Stromverteilung zum Einsatz.

Table 2: Physikalische Eigenschaften von Kontaktmaterialien auf Basis von Silber-Wolfram, Silber-Wolframkarbid und Silber-Molybdän
Material Silber
Anteil
[gew.%]
Dichte
[g/cm3]
Elektrische
Leitfähigkeit
[MS/m]
Vickers
Härte
[HV5]
Ag/W 50/50 1
47 - 53 12,9 - 13,9 29 - 38 110 - 175
Ag/W 40/60 1 37 - 43 13,9 - 14,5 21 - 32 150 - 240
Ag/W 35/65 1 32 - 38 14,1 - 15,1 21 - 31 160 - 260
Ag/W 32/68 1 29 - 35 14,3 - 15,2 21 - 30 180 - 265
Ag/WC 60/40 1 57 - 63 11,6 - 12,2 21 - 29 140 - 200
Ag/WC 40/60 1 37 - 43 12,5 - 13,3 18 - 25 230 - 340
Ag/WC 80/16C2 2 80 - 84 9,2 - 9,9 30 - 38 35 - 55
Ag/WC 80/17C3 2 78 - 82 9,1 - 9,8 23 - 33 35 - 55
Ag/WC 80/19C1 2 78 - 82 9,5 - 10,5 28 - 43 40 - 60
Ag/WC 70/28C2 2 68 - 72 9,6 - 10,3 24 - 32 35 - 55
Ag/Mo 65/35 1 62 - 68 9,9 - 10,9 16 - 28 140 - 130
1Hergestellt durch Infiltration
2 Hergestellt durch Pressen-Sintern-Pressen

Silber-Wolframkarbid Werkstoffe

Diese Gruppe von Kontaktwerkstoffen mit üblicherweise 40-60 Massen-% Wolframkarbid besteht aus dem besonders harten und verschleißfesten Wolframkarbid und dem gut leitenden Silber (Figure 2, Table 2). Ag/WC-Werkstoffe zeichnen sich gegenüber Ag/W durch eine höhere Verschweißresistenz aus (Table 3). Der Anstieg des Kontaktwiderstandes beim betriebsmäßigen Schalten ist bei Ag/WC-Werkstoffen weniger ausgeprägt als bei Ag/W, da das bei Lichtbogeneinwirkung entstehende CO eine schützende Gashülle bildet, die den Zutritt von Sauerstoff und damit die Oxidbildung einschränkt.

Hohe Ansprüche an das Erwärmungsverhalten können durch Zusatz eines geringen Grafit-Anteils erfüllt werden, wodurch allerdings das Abbrandverhalten verschlechtert wird. Die Silber-Wolframkarbid-Grafit-Werkstoffe werden z.B. mit 19 Massen-% WC und 1 Massen-% Grafit bzw. 16 Massen-% WC und 2 Massen-% Grafit in Einzelpresstechnik nach dem Sinter-Press-Nachpress- Verfahren hergestellt (Figure 3).

Die Einsatzgebiete von Silber-Wolframkarbid-Werkstoffen sind ähnlich denen von Silber-Wolfram (Table 3).

Silber-Molybdän Werkstoffe

Ag/Mo Kontaktwerkstoffe mit 50-70 Massen-% Molybdän werden üblicherweise auf pulvermetallurgischem Wege nach dem Tränkverfahren hergestellt (Figure 4 und Table 2). Sie ähneln in ihren Kontakteigenschaften den Ag/W-Werkstoffen (Table 3). Da Molybdänoxid im Vergleich zu Wolframoxid thermisch weniger stabil ist, ist die Selbstreinigung der Ag/Mo-Kontaktoberflächen im Schaltlichtbogen intensiver und somit der Kontaktwiderstand niedriger. Ag/Mo-Kontaktwerkstoffe sind weniger abbrandfest als Ag/W-Kontaktwerkstoffe. Haupteinsatzgebiet von Ag/Mo-Kontaktwerkstoffen sind Geräteschutzschalter (Table 4).


Figure 1: Gefüge von Ag/W 25/75
Figure 2: Gefüge von Ag/WC 50/50
Figure 3: Gefüge von Ag/WC 27/C3
Figure 4: Gefüge von Ag/Mo 35/65
Table 3: Kontakt- und Schalteigenschaften der Silber-Wolfram , Silber-Wolframkarbid, Silber-Wolframkarbid-Grafit und Silber-Molybdän Werkstoffe

Werkstoff

Eigenschaften

Silber-Wolfram

Silber-Wolframkarbid

Neigung zu Verschweißungen bei hohen Einschaltströmen in symmetrischer Paarung, höhere Kontaktwiderstände und höhere

Übertemperaturen durch Bildung von Deckschichten aus Wolframoxiden und Wolframaten mit zunehmenden Schaltspielen insbesondere bei Silber-Wolfram,

hohe Verschweißneigung geschlossener Kontaktstücke bei Kurzschlussströmen,

sehr hohe Abbrandfestigkeit, ungünstiges Lichtbogenlaufverhalten, hohe Härte und nur sehr geringe Verformbarkeit, gute Löt- und Schweißbarkeit durch Silberanreicherung auf Kontaktrücken.

Silber-Wolframkarbid plus Grafit

Niedrigerer Kontaktwiderstand und günstigeres Übertemperaturverhalten durch Grafit-Zusatz,

geringere Neigung zu Verschweißungen, geringere Abbrandfestigkeit verglichen mit Silber-Wolframkarbid.

Silber-Molybdän

Günstigeres Kontaktwiderstandsverhalten durch weniger stabile Deckschichten,

geringere Abbrandfestigkeit verglichen mit Silber-Wolfram.


Table 4: Anwendungsbeispiele und Lieferformen von Silber-Wolfram, Silber-Wolframkarbid und Silber-Molybdän Werkstoffen
Werkstoff Anwendungsbeispiele Lieferformen
Ag/W
Leitungsschutzschalter (nicht strombegrenzend) Kontaktauflagen, gelötete
und geschweißte Kontaktteile
Ag/W

Ag/WC

Ag/WC/C
Leistungsschalter
(gepaart mit Ag/C)

Fehlerstromschutzschalter
(gepaart mit Ag/C)

Ag/Mo
Geräteschutzschalter

Kupfer-Wolfram Werkstoffe

Kupfer-Wolfram Werkstoffe mit üblicherweise 50-85 Massen-% Wolfram werden nahezu ausschließlich nach dem Tränkverfahren hergestellt, wobei die Korngröße des eingesetzten Wolfram-Pulvers entsprechend dem Anwendungsfall festgelegt wird (Figs. 5 – 6) und (Table 5). Zur Verbesserung der Benetzung des Wolframskeletts durch Kupfer wird den Pulvermischungen ein Nickelanteil < 1 Massen-% beigegeben.

Table 5: Physikalische Eigenschaften von Kupfer-Wolfram Werkstoffen
Material Wolfram
Anteil
[gew.%]
Dichte
[g/cm3]
Schmelzpunkt
[°C]
Elektrische
Widerstandskraft
[µΩ*cm]
Elektrische
Leitfähigkeit
[% IACS]
Elektrische
Leitfähigkeit
[MS/m]
Vickers
Härte
[HV10]
W/Cu 60/40
57 - 63 12,9 - 13,3 1083 3,85 - 4,55 38 - 45 22 - 26 150 - 200
W/Cu 65/35 63 - 67 13,6 - 14,0 1083 4,17 - 5,0 34 - 41 20 - 24 160 - 210
W/Cu 70/30 68 - 72 13,9 - 14,4 1083 3,85 - 5,56 31 - 38 18 - 22 160 - 230
W/Cu 75/25 73 - 77 14,6 - 15,2 1083 4,76 - 5,88 29 - 36 17 - 21 180 - 210
W/Cu 80/20 78 - 82 15,3 - 15,9 1083 5,0 - 6,25 28 - 34 16 - 20 180 - 280


W/Cu-Werkstoffe weisen eine extrem hohe Abbrandfestigkeit auf. Sie sind jedoch im Gegensatz zu den Silber-Wolfram-Werkstoffen zur Führung von Dauerströmen weniger geeignet.

Liegt ein festes Wolframgerüst vor, was bei W/Cu-Tränkwerkstoffen mit 70-85 Massen-% Wolfram gegeben ist, so schmilzt und verdampft bei intensiver Lichtbogeneinwirkung die niedriger schmelzende Werkstoffkomponente Kupfer. Dabei wird das bei der Siedetemperatur von Cu (2567 °C) noch feste Wolfram wirkungsvoll „gekühlt“ und bleibt somit weitgehend erhalten.

Bei hoher thermischer Beanspruchung der W/Cu-Kontaktauflagen, z.B. bei Kurzschlusströmen> 40 kA werden besonders hohe Anforderungen an die Festigkeit des Wolframgerüstes gestellt. Für derartige Anwendungsfälle wird zunächst ein festes, hochgesintertes Gerüst aus Wolframpulver geeigneter Korngröße hergestellt, das anschließend in üblicher Weise mit Kupfer getränkt wird.

In Leistungsschaltern der Hochspannungstechnik hat sich besonders das Kontaktsystem, bestehend aus Kontakttulpe und Schaltstift bewährt. Beide Schaltstücke sind üblicherweise aus dem mechanisch festen und hoch leitfähigen CuCrZr-Trägermaterial und W/Cu als Abbrandspitze zusammengesetzt. Die mechanisch und thermisch hochbeanspruchte Verbindung zwischen den beiden Werkstoffen erfolgt meist mittels Elektronenstrahl- oder Abbrennstumpfschweißen. Weitere Verbindungsarten sind das Hartlöten und das Angießen von Kupfer mit nachträglicher Kaltverformung.

Hauptanwendungsgebiet der W/Cu Werkstoffe sind Abbrennkontakte von Last- und Leistungsschaltern der Mittel- und Hochspannungstechnik sowie Elektroden für Funkenstrecken und Überspannungsableiter.

Figure 5: Gefüge von W/Cu 70/30 (Grob)
Figure 6: Gefüge von W/Cu 70/30 (Fein)



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Referenzen